Freitag, 26. Juni 2009
Was hast du dir dabei nur gedacht...?
Über der Box von meinem Pferd, oben an den Holzbalken sitzen einige Schwalbennester. Ich mag Schwalben sehr, denn ihr Gesang ist der schönste unter allen Vogel-Gesängen.
Die kleinen Küken blinzeln nur mit ihren Köpfchen und den vergleichsweise großen Schnäbeln, die sich eifrig öffnen, wenn Mama oder Papa vorbeigeflogen kommen, über den Nestrand hervor.
Eine ganze Schwalbenfamilie und die zahlreichen Nachbar-Familien sind den ganzen Tag über eifrig beschäftigt. Ich könnte fast vergessen, dass diese Tiere wie alle anderen auch stets auf das Überleben und das Weitergeben ihrer Gene zielen, denn alles scheint so harmonisch und gemächlich.
Mama und Papa fliegen umher, um Futter heranzuschaffen, während die Kleinen jetzt das Nest öfters verlassen.
Nebenan spielen die sechs Katzen-Welpen und bereiten sich auf das Leben vor; noch bringt Mama Kaninchen, Tauben oder Fasane mit und auch ein bissl Katzenfutter können sie von den netten Zweibeinern bekommen.
Es scheint bedingungslos wie Schwalben- und Katzen-Mama sich für ihre Kinder aufopfern ohne darüber nachzudenken. Denken. Eine Eigenschaft, die Menschen in der Tierwelt nach ganz oben befördert hat. Intelligenz.
Ich jedoch würde zu oft zu viel geben wollen, um nicht denken zu müssen. Es ist doch auch ein Muss, dieses Denken und manche berufen sich auf Meditation, um es zu vergessen - das Denken.
Umgeben von Tieren fühle ich mich geborgen und glaube einen Teil ihres vermeintlichen Seelenheils fühlen zu können. Ich stelle mir vor, es fühlte sich an wie das Liegen in Wasser, dass exakt meiner Körpertemperatur entspricht.
Klopf...ja, ja...ich denke, also bin ich; oder?! Sich immer wieder selbst beim Denken zu ertappen; witzig.
Das ist wahnwitzig.
Ruhe.
Heute morgen hat Pferdli eine Ganzkörper-Pflege bekommen und wäre er durch die lange Stehzeit nicht so dick, dann würde er immer noch als halbwegs trainiertes Pferd durchgehen.
Mittlerweile möchte er unsere tägliche Asphalt-Strecke nicht mehr so gerne mitlaufen. Sieht er die Türe zu seiner Stallgasse bleibt er stehen und geht nur weiter, wenn ich mich auf diese zubewege. Leider gibt es bei uns am Stall nicht sooo viel Asphalt. Eine große Runde dauert vielleicht vier Minuten.
Da ich ja ständig irgendetwas machen möchte, um den Heilungsvorgang zu beschleunigen, habe ich ihm ein Zusatzfuttermittel besorgt, das Extrakte der in diesem medizinischen Bereich wohl bekannten grünlippigen Muschel enthält. Nur frisst er es nicht. Er denkt nicht darüber nach, dass es gut für ihn sein könnte. Aber ich denke ja für ihn - hat er ein Glück.
Allerdings weiss ich aktuell nicht, wie ich das Zeug in ihn rein bekommen soll, wenn er selbst sein heißgeliebtes Mash dafür stehen lässt. Morgen kommt eine Osteopathin und schaut sich seinen Bewegungsablauf an. Vielleicht ist über diese Schiene ja noch was gut zu machen. Ich bin aufgeregt.
Spazieren gehen mit ihm ist als hätte ich einen großen Hund, der brav mitläuft, der aber manchmal vom Grünstreifen gezogen werden muss. Die Leute gucken immer ganz komisch, schließlich werden Pferde doch geritten und nicht spazieren geführt. Das denken die. Tja. Die Fellnase wird gar nicht großartig darüber nachdenken, weiss nur aus Gewohnheit wo es lang geht. Immer darauf aus, nicht doch den einen oder anderen Grashalm abknabbern zu können. Nun weiss er aber auch, dass spätestens abends der prall gefüllte Eimer mit frisch geschnittenem Gras vor seinem Trog ausgeschüttet wird.
Wie lange das Ganze wohl noch dauern wird?!
Ich habe gelernt, dass auch Tiere gewissen Rhytmen wie Tageslängen oder Jahreszeiten unterliegen - doch merkt er auch jeden einzelnen Tag so leidlich wie ich? Ich weiss es nicht.
Seit etwa einer Woche warte ich auf einen Rückruf von dem letzten behandelnden Arzt der Klinik, von dem ich mir erhoffe, dass er mir in Ruhe noch einmal alles erklärt und Prognosen abgibt.
Jetzt habe ich schon eine ganze Stange Geld dagelassen, aber auf einen Anruf vom Dok braucht nicht gehofft zu werden. Bin schließlich nicht Frau von und zu mit dem gekörten Hengst von dem und dem Papa und dem und dem Muttervater.
Die ganze Zeit überlege ich hin und her, denke von Hüh nach Hott, ob ich einen zweiten Arzt außerhalb der Klinik befragen soll.
Da wäre zum Beispiel unser Hof-Tierarzt. Klar, zu Beginn hat er sich meinem Pferd angenommen, aber die Diagnose hat schließlich die Klinik gestellt. Er sollte gestern gekommen sein, um einen Ultraschall an einem anderen Pferd vorzunehmen, dass aller Voraussicht nach mit einer noch schlimmeren Verletzung des Sehnenapparates an einem Vorderbein zu rechnen hat. Gestern morgen habe ich dann überlegt, ob ich den Arzt fragen soll, ob er in diesem Zuge auch meinen noch einmal schallt. Nein, Gedanken verworfen - weggedacht.
Dann ein Omen: Der Termin wurde von der Besitzerin des Pferdes von gestern auf heute verschoben. Soll ich jetzt fragen? Nein. Abwarten. Sollte es tatsächlich seitens der Klinik auf diese teure Stammzellen-Therapie hinauslaufen, dann werde ich eine zweite Meinung einholen.
Damit kann sich der Denk-Admin anfreunden. Bin ich der Denk-Admin? Och nö. Ich verhandele doch nicht mir selbst!
Mein Tag spielt sich eigentlich nur morgens und abends ab, wenn ich beim Pferd bin. Dazwischen muss überbrückt werden. Kann nicht ein Kurzschluss herbeigeführt werden?
Na ja. Pferd ist für heute bereits zu 50 % versorgt. Ich dann wohl auch.

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